Der verpasste Termin
Niveau B2 - Révision du participe passé
Herr Blüm ist arbeitslos. Er geht jeden Tag zum Jobcenter, aber momentan sieht der
Markt nicht gut aus. Vor einem Monat hat er auf eine Annonce in der FAZ* geantwortet. Eine große Firma in Frankfurt sucht einen Vertreter für ihre pharmazeutischen Produkte. Das ist genau das, was
Herr Blüm schon lange gesucht hat. Er hat also sofort geschrieben und vor zwei Tagen hat er eine Antwort erhalten. Natürlich hat er sofort die Sekretärin des Chefs angerufen um mit Herrn Dr. Breuer,
dem Direktor, einen Termin auszumachen. Es war nicht einfach, denn der Direktor ist ein vielbeschäftigter Mann. Er ist sehr oft auf Dienstreisen durch ganz Europa und den Rest der Welt. "Gut. Herr
Dr. Breuer erwartet Sie also am Dienstag, den 15. November um punkt 10Uhr", hat die Sekretärin bestätigt.
Herr Blüm wohnt in Hamburg und so hat er sich schnell ein Flugticket gekauft, um
am Dienstag pünktlich für seinen Termin in der Firma zu sein.
Seine Frau hat ihm noch einen Kuss gegeben und gesagt, dass sie ihm die Daumen drücken wird. Er hat seinen Wagen
genommen und ist direkt zum Flughafen gefahren. Zum Glück gab es keine Staus und keine Umleitungen und er war sogar zu früh. Er hat seinen Wagen in der Tiefgarage geparkt und ist zum Check-in
gegangen.
Im Flugzeug hat er nur eine Tasse Kaffee getrunken, um einen klaren Kopf zu
behalten. Plötzlich hat man die Stimme des Piloten gehört: "Meine Damen und Herren, hier spricht der Flugkapitän. Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir wegen eines starken Unwetters nicht zu
der vorausgesehenen Uhrzeit landen können. Wir werden ca. eine Stunde Verspätung haben. Wir bitten Sie um Ihr Verständnis."
Herr Blüm hat einen Schreck bekommen. Er sollte doch pünktlich sein! Er ist ganz
bleich geworden und sein Nachbar, ein netter, großer Herr in den Vierzigern, hat ihn gefragt, ob es ihm nicht gut gehe. Herr Blüm hat ihm erzählt, dass er arbeitslos ist und dass er ausgerechnet
heute einen sehr wichtigen Termin mit einem großen Boss in Frankfurt hat. "Sie wissen ja, wie diese Leute sind. Wenn Sie nur fünf Minuten Verspätung haben, dann verlieren sie ihre Geduld und man
bekommt die Stelle nicht. Ach ja, ich sehe ihn schon vor mir. Ein kleiner, rundlicher, älterer Mann mit einer altmodischen Brille und einer dicken Zigarre in der Hand. Und dann wird er mir sagen,
dass ich den Job nicht bekomme, weil er nur pünktliche Leute braucht." Da hat ihm der andere Mann geantwortet: "Haben Sie keine Angst. Es gibt auch andere Chefs, als den, den Sie sich vorstellen. Und
wenn dieser Chef nicht kapiert, dass nicht Sie schuld sind, sondern das schlechte Wetter, dann ist er es nicht wert, dass Sie für ihn arbeiten."
Endlich sind sie in Frankfurt angekommen. Er und sein Flugzeugnachbar sind sofort
in die Halle gelaufen, denn der andere Mann musste auch dringend telefonieren. Sie haben ihre Handys aus ihrer Tasche geholt, haben sie eingeschaltet und Herr Blüm hat sofort begonnen, die Nummer zu
wählen. Sein Nachbar hatte weniger Glück, da die Nummer besetzt war. "Uff!", sagte Herr Blüm, "die Sekretärin hat gesagt, dass der Chef noch nicht angekommen ist. Ich habe also noch eine
Chance!"
"Bei mir war besetzt, und jetzt weiss ich auch warum. Meine Sekretärin hat
nämlich mit Ihnen gesprochen. Ich habe jetzt alles verstanden und weiß, wer Sie sind. Ich bin Dr. Breuer persönlich, der Direktor. Sehen Sie, auch ein Direktor kann Verspätung haben. Wir gehen jetzt
erst gemütlich frühstücken, und dann fahren wir in die Firma. Aber bitte, sagen Sie mir: glauben Sie immer noch, dass ich ein kleiner, rundlicher, älterer Herr mit unmodischer Brille und Zigarre in
der Hand bin?"
*FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung